Genealogische Zusammenstellung der Familie Steger vom linken Niederrhein

Aufzeichnung des abteilichen Schultheißen Wilhelm Hertzig über die Jurisdiktion zu Oedt. 1604

Copia verzeichnuß beider hoher gewaltz und erbgrundtlicher, forth gerichtzzwenglicher gerechtigkeit im ampt Uda, wie dieselbe von Wilhelmen Hertzig, abgestandenen schultheißen, zeith seiner schultheißenambtsbedienung ab anno 1579 usque 1604 gehalten und practicirt worden.

1. Anfenglich wirdt in den gemeinen vogt- und landtgedingeren bei behegung des gerichtz ein zur zeith hochwurdigster churfurst und ertzbischoff zu Cöllen zu Uda gehalten, erkant und respectirt fur ein landtsfurst, gewalt-, schütz- und schirmherr, der drost oder amptman daheselbst fur pfandtherr und schutzamptsverwalter.

2. Zum anderen wirdt in selben vogt- und landtgedingeren ein ehrwürdiger herr abt sancti Viti martyris zu Gladbach daheselbst im gantzem ampt Uda, so weit, lang und breit sich daßelb erstrecken thuen, gehalten, erkant und respectirt fur ein erbgrundt-, gerichtz-, chuirmuets-, zehendt- und zinßherr.

3. Zum dritten haben seine ehrwurden kraft solcher erbgrundtlicher und gerichtzzwenglicher gerechtigkeit macht und gewalt, zu Uda zu setzen und zu entsetzen diese nachbenente gerichtzpersohnen: alß nemblich den schultheißen und neun scheffen, deren drey im kirspel Anraedt im Underbroch genant, sich vom Klapdor an bey der Schiefbahnen biß an den Schmetzbaum erstreckendt, fort auf dem Hagen, nemblich vom Schmetzbaum an biß an die Schupplenck, so noch ins kirspel Anraedt gehoerigh zwey scheffen und im kirspel Uda vier scheffen, deren gemeinlich zwey im Opfelte, die ander zwey im Niederfelde und im Gemulleßen erwehlet und angeordnet werden; daneben auch den gerichtzschreiberen, zwey gerichtsbotten und zwey procuratoren.

4. Zum vierten erstreckt sich deßen schultheißen gebiedt, befelch und execution, wie auch deren scheffen weißdumb, des gerichtsschreibern und procuratoren dienst wegen des erbgrundt- und gerichtsherren das gantze ampt durch; der gerichtzbott aber im Underbroch und dasienig, was zwischen beruirtem Klapdor und Schmitzbaum, und der ander bott dasienig, was vom Schmitzbaum an uber das Hagen und gantze kirspel Uda durch vorfallet und dem bottendienst uffliegt, zu verrichten schuldig.

5. Wan aber zum fünften zu Uda die vogt- und landtgedingere gehalten werden, seint beyde botten darahn zu erscheinen und demselben biß zum endt auß- und abzuwarten schuldig.

6. Zum sechsten ist Braune Goert in dem dinckhauß zu Uda an der kirchen gelegen, welches bey dießen kriegszeithen abgebrandt, dem gericht auf den dincklichen tagen zwey verscheidene gemacher erblich zu erhalten und einzuräumen schuldig; das eins, dahe man das gericht bequemlich halte, und im anderen die scheffen sich im aufstehen außer der banck berathschlagen und ihre bey- und endturtheillen faßen mögen.

7. Zum 7ten gebührt dem schultheißen, im selbigem dinckhauß, so auch der Froenhoff genant, wegen des gerichtzherren ein besonder gemach zu haben; darzu der stock mit den eingefasten schineißeren und feßeren verhalten und auß- und einheimisch bekümmerte, wie auch sonst mit geistlichen oder landtrechten außer wonnene und binnen ampts niet geerbte noch geguete persohnen biß auf bezahlung oder leistung gebührlicher caution verschließen und verwahren laßen möge. Und wirdt mit diesem einschließen und Verwahrung der verhaften persohnen dermaßen gehalten, daß dieselbe auf deßen kosten, der mit ihnen zu thuen und sie schadt- und schuldthalben hat setzen laßen, auß befelch des schultheißen biß auf den dritten tagh durch den gerichtzbotten zu Oedt verwart und alimentirt wirdt. Wan sich aber der verhafter in dreyen thagen außer den eiseren nit loeßen noch quitiren thuet, alßdan der schultheiß den verhaften durch den botten lieferen liest, und thuet der gewaltherr den verhaften so lang verwahren, biß daß sich derselb quitire. Ist es aber sach, daß sich der verhafter inwendig der 3 tagen quitirt, magh ihn der schultheiß gehen laßen, vorbehalten demselben das wedde 7½ albus.

8. Item wannehr zum 8ten iemandten seines nachpahren vehe und beesten schaden thuen, magh derselb, dem der schadt geschehen, die beesten in den Fronhoff in den schutt treiben und daheselbst so lang verwahren laßen, biß daß der schadt durch den scholtheißen und etlichen scheffen besichtiget, taxirt und ihme derselb erstattet; davon dem schultheißen kommen 7½ albus.

9. Item zum 9ten gebührt dem schultheißen wegen des gerichtsherren ein ufsieht zu haben auf maaß und gewicht. Und magh, so oft ihme gefellig, neben zweyen scheffen und den gerichtsbotten umbgehen, die kannen meßen und wegken wagen, die kannen, so zu klein befunden, entzweyschlagen, die wegken, so zu klein, voneinanderschneiden und umb gottes willen geben. Und kommen schultheißen und scheffen da nae die bruchten; stehet bey den scheffen, zu erkundigen, wieviel einen iederen.

10. Item darnacher zum zehnden das brewkorn und weitz thewr und wohlfeyl, setzt der schultheiß bier und weggen und liest alßdan in der kirchen rueffen, daß sich becker und bierbrewer mit dem backen und brewen Kempen gemeeß halten sollen. Wer daruber thuet, ist dem schultheißen bruchtfelligh.

11. Item zum llten gebührt dem schultheißen bey außgaender zeith, wannehr die gruene fruchten aufm feldt beginnen aufzugehen, das veldtfridt in der kirchen rueffen zu laßen, daß ein ieder gegen seinen erb die graben aufwerfe und die zeune in gueten fridt stelle, damit niemandten kein schadt geschehe oder man wurde die seumige bruchtig halten.

12. Wannehr solcher kirchenrueff vierzehn tagh oder drey wochen verlaufen ist, liegt dem schultheißen ubermitz scheffen und gerichtzbotten uff, den umbgangh zu thuen, das veltfridt zu besichtigen und die darin seumig befunden, gegen den negstfolgenden gerichtztagh ans recht bescheiden und in die brucht erkennen zu laßen; welche brucht schultheißen und scheffen nach advenant zugleich zukömpt.

13. Weiters weil zum 13ten daß ampt Uda mit ahngrenßenden furstenthumb Gulich, fort benachbaehrten cöllnischen empteren alß Kempen, Linn, Liedbergh und gebiet zur Nerßen unverzöglich sitzt, also zu verstehen, wannehr ein udischer underthan ahn einigen ietzbenenten empteren underthaenen gelt oder schuldt außstehendt hat, alßdan gebuehrt dem schultheißen an den vogten oder schultheißen, darunder der schulder geseßen, auf ansuechen deßen, der solches van thuen hat, zu schreiben und amptswegen zu begehren, den udischen underthaenen zu seinen hinderstandt unverzöglich mit der pfandtschaft zu verhelfen, welches dan auch also geschieht. Und gebuehrt dem schultheißen von solchen unverzöglichen schreiben ein flesch wein, iedoch nach gelegenheit der persohnen und sachen mit einem geringeren zu verlaßen.

14. Gleichfalß wan zum 14ten an den schultheißen zu Uda von anderen benachbahrten vogten oder schultheißen, umb gleichmeßige pfandtschaft geschehen zu laßen, geschrieben wirdt, ist er dem pari passu zu willfahren schuldig und kompt ihme davon gleichfalß ein flesch weins, alles uff gunstige linderung.

15. Fürbaß wan zum 15ten einigen unmündigen kinderen in- oder außerhalb gerichtz vormundere angeordnet und vereidet oder von deren Verwaltung wegen rechnungh angehoert, durch den schultheiß underschrieben und approbirt wirdt, gebuehrt ihme schultheißen, alles uff gunstige linderung, ein flesch weins.

16. Fort wannehr zum 16ten dem erbgrundt und gerichtzherren einige verfallene churmuidt verthedigt werden, welches fur dem schultheißen und zum wenigsten zweyen scheffen geschieht, gebuehrt dem schultheißen ein flesch weins.

17. Wan zum 17ten zu Oedt wegen streits, zugefuegten schadens ein beleit oder augenscheinliche besichtigung ubermitz schultheißen und scheffen gehalten wirdt, davon kompt dem schultheißen ein halbe goltgulden.

18. Item wannehr zum 18ten auß kraft erwonnenen geistlichen oder landtrechtens execution und einrichtung geschehen soll, gebuehrt dieselbe dem schultheißen ubermitz zweyer scheffen und den gerichtsbotten zu thuen und kompt demselben ein flesch weins.

19. Item wannehr zum neunzehnden ein underthaen den anderen schuldt oder von derer forderung halber fur den schultheißen bescheiden liest, kompt dem schultheißen wegen solches vurbescheidens und verhoer der sachen ein quart weins.

20. Item wan zum 20ten der bott verlehnt, umb ein gebott oder verbott zu thuen, kompt dem schultheißen ein kan weins. Item wannehr einige zeugen, umb kundtschaft der warheit von sich zu geben, außwendig bescheiden oder auch von baußen ans gericht Oedt per requisitorial brief erfordert werden, kompt dem schultheißen iedes pfalß zum wenigsten ein quart weins.

21. Item wan zum 21ten uber inrichtung brief und siegel erfordert und versiegelt werden, daruber schultheiß und scheffen zugleich siegelen, kompt dem schultheiß ein halbe goltgulden.

22. Item wannehr zum 22ten von einiger sachen appellirt und acta versiegelt werden, welches dem schultheiß allein zustendig, kompt demselben davon einen goltgulden.

23. Item zum 23ten von einem testimonio probitatis und eheliger gebührt, so der schultheiß auch allein siegelt, kompt demselben ein flesch weins.

24. Item wannehr zum 24ten iemandt seines guets altem gebrauch nach außgehen wohl, kompt davon dem schultheißen ein albus.

25. Item wannehr zum 25ten iemandt außwendig ein gegade, daß ist eheman oder ehefraw auf ein guth, daß dem herren chuirmuidig, hoelt, der ist dem schultheißen vur Urlaub zu geben schuldig ein albus.

Folgen nun die gerichtshendel und derselben gefeilen und iura.

26. Was nun zum 26ten das vogtgeding betrifft, welches gemeinlich zum halben Man alten herkommens und geprauch nach pflag gehalten zu werden, gebührt sich den drost drey sontag nacheinander in beyden kirspelen Uda und Anraedt, ehens gehalten, rueffen zu laßen, welcher dan auch die banck freyet und die scheffen maent. Die wedden aber, so darinnen fallen, nemblich von ieder ansprach 15 albus, kommen dem schultheißen; deßen mueß er dem gericht die zopp geben. Und kommen dem drost auß den wedden 12 albus. Und was im ersten vogtgeding vorbracht und proponirt, daß wirdt im nachvogtgeding außgewiesen.

27. Vort zum 27ten liest der schultheiß das gemein landtoder wochengedingh in der zeit des sontags zuvoren, wan es am donnerstagh solle gehalten werden, in beyden kirchen zu Uda und Anraedt rueffen, umb, wer darahn zu thuen hat, deßelben gesinnen möge.

28. Item wannehr zum 28ten uff den dincklichen tagen daß gericht an gewöhnlichen dinckplatzen versamblet, umb gericht zu halten, gebuehrt dem drost wegen landtfurstlicher hoher obrigkeit entweder durch sich selbst oder iemandt anders unersuecht und unbeschwert dahin zu erscheinen und das gericht besitzen zu helfen, iedoch alß ein schweigender herr, auf dohe sich einige gewaldtsachen sitzendes gerichtz zutragen wurden, dieselb abzuschaffen.

29. Item wannehr zum 29ten daß gericht bekleidt und ein ieder seinen sitz ordentlich eingenommen, fragt der schultheiß alßdan die scheffen vor allen dingen ab, ob es tag und zeith seye, das gericht zu halten?

30. Darauf thuen zum 30ten die scheffen zur antwort geben: Sofern keine cöllnische mandata oder andere sachen vorgelaufen, die darahn hinderlich, bedunckt es sie, die scheffen, tag und zeith zu sein; und mueß dieß alles vor dem mittag geschehen.

31. Item wannehr zum 31ten diese fragh des schultheißen und erklerungh der scheffen vorgangen, dan befreyet der schultheiß vor erst das gericht, sagend: Ich thue diesem gericht bann und fridt von wegen gottes allmechtig, von wegen des hoch würdigsten bischoven und churfursten zu Cöllen alß landtfursten, schütz- und schirmherren, von wegen des herren drosten alß amptsverwalteren, von wegen des ehrwürdigen herren abts zu Gladbach alß erbgrundt- und gerichtzherren, wegen schultheißen und scheffen, daß niemandt ins gericht rede oder davon abtrette, er thue es dan mit erlaubnuß und. durch seinen gebetten diener, oder man solle ihme die bruchten so hoch abnehmen, alß der erbahr scheffen iemandt für recht erkent.
32. Item wannehr zum 32ten daß gericht ietz angezeigtermaßen gefreyet, fengt der klagender partheyen procurator an und sagt: Herr schultheiß, ist ewer will, dem N.N. sein wort zu thuen und notturft vortragen magh? Darauf der schultheiß jäh antwort et incipit proponere causam.

33. Item so manche ansprach zum 33ten alda gerichtlich vorbracht wirdt, davon feldt ein wedde, nemblich 7½ albus; davon dem schultheißen zwey theil und dem drost oder deßen verwalteren und statthalteren ein theil und also das dritte wedde zukompt. Und seint die partheyen das wedde alßbalt nach gethaener ansprach zu erlagen schuldig.

34. Item wannehr zum 34ten sitzendes gerichtz einige künden und kundtschaften angedingt und auß recht oder sonst für schultheißen und scheffen zu bescheiden nöttig, befilcht und bestelt solches der schultheiß durch den gerichtzbotten. Seint es aber außlendische künden, so schreibt der schultheiß an die obrigkeit, darunder dieselb geseßen, umb solche künden den rechten und warheit zu steur bescheiden zu laßen.

35. Item wannehr zum 35ten zeugen zu verhoeren, geschieht solches vor dem schultheißen und zum wenigsten zweyen scheffen sampt dem gerichtschreiberen, der die kundtschaft abschreibet. Und kompt iederen davon, seine gerechtigkeit.

36. Item wannehr zum 36ten sitzendes gerichtz ein urtheil außgesprochen, davon ans negste Oberhaupt Kempen in fueßstapfen atque viva voce appellirt und die scheffen abgefragt werden, ob es in die appellation zu laßen? Und die scheffen alßdan darauf antworten: sie laßen appellation zu, sofern sie der herr zulaßet etcetera. Wirdt dardurch der gerichtsherr verstanden, wie dan daruber einmahl ein urtheil, alß streit vorgefallen, welcher von beyden damit zu verstehen sein soll, ergangen und im gerichtzprothocoll erfindtlich ist.

37. Item zum 37ten werden dem appellanten gemeinlich sechs wochen und drey tagh pro tempore fatali eingebonden, umb seine appellation bey dem oberhaupt zu introduciren und zu achterfolgen und die acta außbrengen.

38. Und dahe zum 38ten der appellant in solcher bestimpter zeith die appellation nit introducirt noch achterfolgt, wirdt die appellation für desert erkant und die sach remittirt etcetera. Correctione et ulteriori iurium assignatione (quatenus opus) salvo etcetera.

Dieweil ich, Wilhelm Hertzig, abgestandener schultheiß zu Oedt, diese vorbeschriebene articulirten puncten und posten also bey anfang meines schultheißendienst im iahr 1579 ipso die sancti Huberti befunden und nun in die 25 iahr hero bey bedienung des schultheißampts ferner in übliche erfahrung prägt, alß hab ich dieselb zu beßerer nachrichtung meiner nachfolgeren zusammen registrirt, durch einen ändern, meinen gescheft halber, abschreiben laßen und selbst zu mehrerem gestand der Wahrheit underschrieben, urkundt dieser meiner eigner handt.

Wilhelm Hertzig propria attestante manu.


Quellen
Weistümer der kurkölnischen Ämter Kempen und Oedt ... / Dieter Weber
Abschrift von 1666: HStA Düsseldorf, Abtei Gladbach, RH 3, Bl 245—250.
Druck:
G. Eckertz—E. J. K. Noever, Die Benediktiner-Abtei Mönchen-
Gladbach. Köln 1853, S. 144ff.
Brasse, ÜB Gladbach II, Nr. 851, S. 281—286.Locations of visitors to this page