Die Verwaltung des alten Amtes Oedt
(Originaltext nach F. Kogelboom 1908)
Die
bürgerliche Verwaltung lag in den Händen des Amtmanns,
der sich aber meistens durch den Amtsverwalter vertreten ließ.
Wegen des geringen Umfanges des Amtes Oedt, war es vielfach mit
dem Amt Kempen verbunden.
Über dem Amtmann stand der Kellner.
Oedt gehörte zur Kellnerei Kempen.
Dem Amtmann bzw. dem Amtsverwalter zur Stütze dienten im Kirspel und in den Honschaften die Gerichtsscheffen, im Flecken zwei Bürgermeister und zehn Gemeindemänner.
Die Bürgermeister
folgten sich in bestimmter Reihe aus der Zahl der Gemeindemänner.
Sie wurden um die Mitte des 18. Jahrhunderts am Matthiastage, dem
24. Februar, in ihr Amt eingeführt. Zwei oder drei Tage nach diesem
Datum wurden sie mit den Rechten die sie zum Behuf des Fleckens
und auch des Kirspels hatten, bekannt gemacht.
Im Jahre 1742 setzte man ihnen eine jährliche Remuneration von sage
und schreibe 12 Schillingen für ihre Mühewaltung fest. Auch von
Einquartierungslasten waren die Bürgermeister frei.
In einem Bescheide vom 27. Februar 1744 wurde diesbezüglich festgestellt,
wenn schon die Einwohner des Fleckens davon entbunden seien, dann
seien es die Bürgermeister gewiß. Dies ist nun aber nicht so zu
verstehen, als wenn sie und der Flecken überhaupt nicht mit Einquartierungen
bedacht werden durften; es soll nur so viel heißen, dass sie für
jede Einquartierung Entschädigung durch das Amt beanspruchen konnten;
Sie hatten also nur die Last, das Amt aber den pekuniären Schaden.
"Zur Bestreitung
der für den Flecken zu machenden Ausgaben waren den Bürgermeistern
folgende Einnahmen überwiesen: |
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1. | An Geld (Miete) von der Oberpforte, nämlich 1 Taler 4 Albus, |
2. | von der Nierderpforte 2 Taler 4 Albus, |
3. | der Holzwuchs an der Zollbrücke, |
4. | das Uferrecht zwischen Kamper und dem Dorfgraben, |
5. | das Uferrecht beiderseits des Dorfgrabens entlang Scheuren Erb und Obertor, |
6. | der Holzwuchs, so an dem "Kockels" gelegen und auch derjenige um den Broichgraben, so an dem Kockels gelegen, |
7. | der Holzwuchs im hintersten Broich auf dem Kuhdeich bis an die Kalle, |
8. | das Kaulenteil, so gelegen zwischen Joh. Kamper und Gottfried Pollmanns, mit einem Vorhaupt an obengemeldeten Joh. Funger Garten, welcher kurfürstlicher Grund; das andere schießt an den Weg, der geht von Rath bis auf Winkels Rath, besteht in 6 Reihen in der Breite; |
9. | haben regierende Bürgermeister jährlich die Pacht von der Sandkaule zum Behufe des Fleckens zu verwenden." |
Unter den Bürgermeistern stand noch der Landbote.
Als Polizeimannschaft dienten die Schützenführer,
die sich, wenn Hilfe notwendig, die Schützen aus dem Volke auswählten.
Sämtliche Beamten bezogen nur ein geringes Gehalt; das des Amtmannes betrug z. B. unter der Verwaltung des Grafen von Virmont aus dem Amte Oedt nur 50 Reichstaler, sie hatten aber das Recht, je einzelne dienstliche Tätigkeit in Rechnung zu stellen und zur Amtsrechnung einzubringen. Diese Posten figurierten dann als Unrats (vorher nicht beratene-) Rechnung oder später als Extraordinaria, mit einem Worte als unvorhergesehene Ausgaben.
Die Amtsrechnung wurde alljährlich im August, später Oktober, auch
wohl November vorgelegt. Noch im Jahre 1735 fand die Vorlegung auf
dem Schlosse (Burg Uda) statt, nachher in einer Wirtschaft. Jedermann
hatte freien Zutritt und freie Zeche. Weil es dabei so hoch herging,
sah sich der Kurfürst 1792 genötigt, zu bestimmen, daß sie ohne
Gelage auf der kurfürstlichen Mühle abgehalten werde. Die Auslagen
wurden so verteilt, daß Unterbroich ein drittel, Hagen ein fünftel,
und Kirspel nebst Flecken den rest bezahlten; an diesem Rest war
aber der Flecken nur mit dem fünften Teile beteiligt.
Das Kirspel bzw. jede Honschaft hatte einen besonderen Steuererheber,
und diesem wurde nicht bloß eine bestimmte Summe, sondern auch jeder
einzelne Posten zur Auszahlung überwiesen. Die so festgestellte
Rechnung mußte vom Gerichtsschreiber beglaubigt werden. Zu diesen
Ausgaben traten nun die besonderen Ausgaben für jeden Teil des Amtes.
Diese weitere Rechnungen bildeten nun die Kirspels- oder Honschaftsrechnungen.
Zum besseren Verständnis lassen wir hier die Amtsrechnung von 1765 folgen:
Die Summen, welche Oedt in Kriegsjahren aufzubringen hatte, waren oft sehr hoch, so daß Kierspel ond Honschaften vielfach Anleihen machen mußten, die sie zu verpensionieren (verzinsen) hatten.
Zur Deckung der jährlichen Ausgaben dienten Simpel und Schatz. Außerdem waren Hand- und Spanndienste zu leisten. Nichteingesessene hatten unter Umständen Wegegelder zu zahlen; zudem war Oedt Zollstation.
Der Simpel (das Einfache) war eine Grundsteuer;
er wurde aber nur von Ackerland und Benden geleistet; Büsche waren
simpelfrei.
Man unterschied kurfürstliche und Landessimpel, Staatssteuern, sowie
Pensions- und Unratssimpeln, Kommunalsteuern.
Um die Mitte des 18. Jahrhunderts betrug ein Simpel in Oedt 59 Reichstaler
8 Heller. Je nachdem nun die Bedürfnisse waren, wurden mehr oder
weniger Simpel erhoben. Weil aber Oedt so schwer belastet war, wandte
es sich an die Kurfürstlichen Landstände, welche ihm in der Weise
Erleichterung verschafften, daß es für jeden Simpel nur 44 Kronen
19 Stüber 4 Heller zu zahlen brauchte. Trotzdem hatte Kirspel und
Flecken bei 20 kurfürstlichen und Landes- sowie 14 Pensions- und
Unratssimpeln im Jahre 1765/66 1506 Kronen 54,5 Stüber zu entrichten.
Unter den Posten der Kirspelsrechnung finden wir aber auch solche,
welche nach Einrichtung der Kirchenfabriken in der Kirchenrechnung
aufgeführt werden, z. B. über Kirchenreparatur, Orgelreparatur,
und Glockenguß.
Der Schatz wurde nur von Ackerland erhoben.
Im Jahre 1780 mußten von jedem schatzbaren Morgen 8 Stüber 12,5
Heller, den Umständen nach 9 Stüber gegeben werden.
Mit der Erhebung dieser Steuern war der Simples- bzw. Schatzheber
betraut.
Drückend wirkten auch oft die Hand- und namentlich die Spanndienste, letztere besonders in Kriegszeiten, wenn es galt, mit Karren und Pferden nach Wesel, Dülmen, Coesfeld, Kaiserswerth usw. zu ziehen.
Das Wegegeld wurde von den Auswärtigen bezahlt;
Oedter eingesessene waren frei mit Ausnahme der Juden. Auf der Grenze
der einzelnen Teile des Amtes standen Schlagbäume. Die "Bendheide"
und die "Lüg" rechneten bezüglich des Wegegeldes zur Honschaft
Hagen.
Es mußten Entrichtet
werden: |
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von jedem geladenen Pferd | 1 Stüber |
von einem zweispännigen Karren und also weiter nach Zahl der Pferde; Reitpferde passierten frei; | 2 Stüber |
"Kaufmannskoppelpferde" vom Stück zahlten | 2 Stüber |
Ochsen und Kühe vom Stück | 1 Stüber |
Schweine vom Stück | 0,25 Stüber |
Kälber vom Stück | 0,25 Stüber |
Schafe vom Stück | 0,25 Stüber |
Jedoch stand es frei, wenn große Mengen Schweine oder Schafe transportiert wurden, nach billiger Vereinbarung eine Pauschalsumme zu zahlen. Von jedem Mühlstein, jeder Leiche, jedem Lastwagen beim Umzuge musste, sobald die Schlagbäume passiert wurden, 1,5 Reichstaler bezahlt werden. Ebensoviel musste von der Leiche eines eingesessenen reformierten Bekenntnisses beim Transport nach auswärts und von einem Oedter Bürger, der mit seinem ganzen Haushalt in „fremdes Gebiet“ verzog, entrichtet werden, wenn er auch keine Schlagbäume passierte.
Da Oedt Grenzort nach Jülich und Geldern hin war, so bildete es
auch, wie schon erwähnt, Zollstation.
Die sogenannte „Zollbrücke“
lag genau 12 kölnische Ruten à 16 Fuß von der Mühlenarche der Oedter
Mühle entfernt, in der Gegend der jetzigen Niersbrücke.
Die bürgerliche Verfassung blieb in dieser Form bestehen, bis sie
beim Eintritt der Fremdherrschaft über den Haufen geworfen wurde.
An die Stelle des früheren Amtmannes und Amtsverwalters trat der
Maire, jetzt Bürgermeister. Oedt gehörte zum Kanton Kempen, Arondissement
Krefeld, Departement de Roer.
Als Maires aus damaliger Zeit sind zu erwähnen: J. H. Tillmann (1809)
und Gastes, als Bürgermeister aus späterer Zeit J.S??ben, Clemens
Mooren, Theodor Mooren und Wilhelm Scherer seit 1879.
Quelle:
Die
Geschichte des alten Amtes Oedt bis 1815 / F. Kogelboom / Oedt 1908