Auseinandersetzung zwischen Abt und Scheffen 1740
Von gewisser Bedeutung, was das Selbstverständnis
der Schöffen gegenüber dem Schultheißen angeht, war auch der Disput,
der sich im Jahre 1740 zwischen ihnen, dem Schultheißen und dem
Abt entwickelte, wobei aus dem Protokoll vom: Der Schultheiß verkündete
den Schöffen das der Abt unterm 7. Januar eine neue Verordnung bezüglich
Abhaltung der Gerichtssitzung erlassen habe. Die Schöffen weigerten
sich, nach dieser Ordnung zu verfahren, und forderten unter ihrem
Wortführer Tewiß Recken die Kopie der diesbezüglichen Verfügung
des Abtes. Der Schultheiß verwies sie auf den Beschwerdeweg, worauf
die Schöffen erklärten, sie würden nur nach der alten Ordnung Gericht
halten, weshalb der Schultheiß die Sitzung um 8 Tage verschob. Der
Auszug des über diese Vorgänge angefertigten Protokolls hat folgenden
Wortlaut:
„Jovis (Dienstag), den 21 Januar 1740, Scheffen Tewiß Recken von
wegen beisitzenden sämtlichen Scheffen begehrte vom Herrn Schultheißen
beiseins meines, Gerichtsschreibers Joes Matthias Lodorpff, dass
sie nach dem alten Herkommen Gericht halten möchten, dabei copiam
des nacherlassenen Befehls anfordernd, wornach sie sich darüber
bedenken wollten. Herr Schultheiß petiit gravamina, Scheffen erklärten
sich dahin, dass lieber gar kein Gericht halten wollten, als auf
die neue Verordnung Gericht wollten, worauf das Gericht bis 8 Tage
vom Herrn Schultgeißen aufgenommen, um inzwischen seinem Hochgebietenden
Herrn darüber untertänigst zu berichten, einen jeden Scheffen dazu
mündlich zu citieren.
Pro Extr. Prot.
F.M. Lodorpff, Gerichtsschreiber zu Oedt mppria.“
Darauf erschien schon unter dem 22. Januar folgendes Schreiben
des Abtes:
„Gleich unser ernstlicher Wille und Meinung dahin besteht, dass
die unter dem 7. Januar publizierte Verordnung allerdings eingefolgt
werde, als ergeht hiermit an Euch Scheffen der ernstliche Befehl,
gestalten derselben ohne einige Anstand und Einrede unter scharfer
Strafe einsehens zu geleben; verpflichten uns dessen und bleiben
Euch übrigens wohlgewogen.
Gladbach, den 22. Januar 1740
Servatius, Abt zu Gladbach,
Erbgrund- und Gerichtsherr zu Oedt mppria.“
Die Schöffen wiedersetzten sich aber und ließen durch den Schullehrer
Adrian Peters folgendes Schriftstück aufsetzten:
„Wir Scheffen, unterschrieben, zu Oedt, Thewiß Recken, Derich Schmitz,
Wilhelm Kappertz, Johannes Klapdohr, Johannes Feld, Johann Leupers
bezeugen, dass wir euch, MeisterAdrian Peters ersucht haben, dieweil
unser Herr Gerichtsschreiber uns bei Nachsuchung der Arbeit nicht
willfahren, gegenwärtigen unserern Verbundsschein auch nicht beschreiben
noch unterschreiben wollte, Ihr den selben wie folgt beschreiben
mochtet.
Und zwar erstens haben wir uns dahin verbunden, dass wir jetzt in
der streitigen Gerichtssache nichts anderes annehmen, sondern beim
alten Brauch verbleiben wollen. Zweitens und letztens wollen wir,
dass keiner sich solle vernehmen lassen, eines oder andere dagegen
zu handeln, oder anderem Teile Kenntnis zu geben, sondern wann von
dieser Sache etwas zu reden vorfallet, nicht solle angenommen werden,
bis wir sämtliche dieses für gut erkennen. Geschehen beim Simpelsheber
zu Oedt, den 30. Jannuar 1740.
Tesses Recken, Willem Kappertz, Jan Felt, Derich Schmitz, Scheffe,
Johann Leupers, Johannes Clapdohr,
Adrianus Peters, Ludimagister oedtenfis mppria.“
Darauf wurden die Schöffen unter dem 5. Februar durch den Schultheißen
zu einer am 6. unter dem Vorsitze des Abtes stattfindenden Gerichtssitzung
eingeladen. Das diesbezügliche Schreiben lautet:
„In Kraft gnädigen Befehls seiner Hochwürden Gnaden, Herrn Prälaten
von Gladbach, als ungezweifeltem Grund- und Gerichtsherren hierselbst,
werden hiermit und in gefolge dieses alle und jede oedtische Gerichtsscheffen
unter Arbitrairestrafe auf morgigen Tag, Glocken neun Uhr, im Gerichtszimmer
zu erscheinen, citiert und abgeladen, gestalten unseres allerseits
und alleinig gebietenden Gruns- und Gerichtsherrn Meinung und Fürtracht
(Vortrag) geziemend anzuhören, welches Gerichtsbote, einen jeden
in particulari citierend, zu verkündigen und ab seinem Vorricht
zu docieren (berichten) hat.
Sigl. Oedt, den 5. Februar 1740
Aus sonderbarem gnädigen Befehl seiner
Hochwürdigen Gnaden, Herrn Prälaten von
Gladbach.
Johann Wilhelm Derichsweiler, Schultheiß zu Oedt mppria.“
Der Streit dauerte nicht mehr lange an. In der Sitzung vom 11.
Februar kam eine Verständigung zuwege, deren Protokoll darüber hat
folgenden Wortlaut:
„Jovis (Dienstag) 11ma Februar 1740 Praesentibus omnibus.
Der Herr Schultheiß, wie bräuchlich fragte: Scheffen, ists Zeit
und Weile, Gericht zu halten, antwortete der älteste Scheffe Thewiß
Recken, dass, wenn es beim alten gelassen würde, könnte Gericht
gehalten werden. Herr Schultheiß bezog sich auf Herrn Kellners von
Gladbach jüngst getanes Dictamen, Scheffen aber wären dessen keine
Schuld; wären sie beim vorigen alten Herkommen geblieben, so wäre
alles gut. Die Herren machen es untereinander aus. Der Herr Amtsverwalter
hätte es ihnen dergestalt befohlen; quo dicto sic obierunt.
Ex post coramDno Praetoro Gericht gehalten.
In fidem et pro Extractu protocolli.
F.M. Lodorpff Gerichtsschreiber zu Oedt mppria.“
Somit war der Zwist zu Gunsten der Scheffen, und damit im Sinne
des Amtmannes als Vertreter des Kölner Erzbischofs, beigelegt worden.
Zur Verhinderung weiterer Unbotmäßigkeiten der Schöffen erschien
unter dem 28. Juni noch ein Schreiben des Abtes folgenden Inhalts:
„Demnach unser Schultheiß (zwei Wörter fehlen) pflichtmäßig referiert,
welcher gestalt ihr, unsere Scheffen daselbsten einige Zeitunter
irrigen und (zwei Wörter fehlen) dem Gericht nicht beigesessenen,
wodurch sich verschiedene Miseren wirklich geäußert und mehreres
Unwesen entstehen dürfte, also wird euch, Scheffen, samt und sonders
und zwar jedem unter Strafe zehn Goldgulden hiermit aufgegeben,
inskünftig die gewöhnlichen Gerichtstage abzuhalten (drei Worte
unleserlich) Parteien (ein Wort unleserlich) Justiz zu administrieren,
fort sonstige gerichtliche actus besten Fleißes zu verrichten und
wann solches geschehen, habt ihr Schultheiß ohne Umstand zu berichten.
Gerichtsbote aber (hat) dieses also zu infinuieren.
Gladbach, den 28. Juni 1740
Servatius, Abt zu Gladbach,
Erbgrund- und Gerichtsherr in Oedt“
Quellen
Die Geschichte des alten Amtes Oedt bis 1815 / F. Kogelboom / Oedt
1908