Festungen im Bereich des Oberquartiers im 80-jährigen Krieg und die Fossa Eugeniana
Vergleiche
auch Karte Kleve Ravenstein 1645
Der Begriff ,Festung' ist nicht eindeutig definiert,
im zeitgenössischen Sprachgebrauch wurde er häufig ganz allgemein
für befestigte Plätze benutzt, also auch für Burgen oder Städte mit
einer mittelalterlichen Stadtmauer. Derartige Befestigungen reichten
jedoch seit der Einführung von Geschützen im 16. Jahrhundert nicht
mehr aus, da sie höchstens noch eine marodierende Soldateska oder
kleine Truppenkontingente abwehren konnten. Um noch von Nutzen zu
sein, mussten sie, wie es z.B. in Maastricht, Roermond und Venlo geschah,
ausgebaut werden. Das erfolgte nach mathematisch-physikalischen Prinzipien,
die in Italien, dann aber auch in den Niederlanden entwickelt wurden.
Das Ergebnis waren häufig Meisterleistungen der Ingenieurkunst, die
im Hinblick auf die damalige Militärtechnik äußerst schwer zu nehmende
Bollwerke darstellten. Die Karte verzeichnet nur Festungen, die den
Anforderungen des 16. und 17. Jahrhunderts entsprachen, ohne dabei
jedoch Festungstypen oder Größe und Bedeutung zu unterscheiden. Einzelne
Schanzen, die häufig für spezielle Militäroperationen gebaut wurden,
werden ebenfalls nicht berücksichtigt.
Im 80-jährigen Krieg bemühten sich sowohl Spanier wie Niederländer,
ihre Militäroperationen durch den Ausbau bereits bestehender oder
durch die Errichtung neuer Festungen zu begünstigen. Sie beschränkten
sich dabei nicht nur auf das niederländisch-geldrische Gebiet, sondern
bezogen auch die Nachbarterritorien mit ein, unter Verletzung der
Hoheitsrechte, teilweise jedoch auch mit der Zustimmung der dortigen
Landesherren. So entstanden regelrechte Festungsgürtel, zunächst in
Ost-West-Richtung nördlich des Oberquartiers die "klevische Barriere",
ab 1600 dann auch in nord-südlicher Richtung entlang der Maas. Die
Festungswerke an der Maas dienten beiden Parteien wie die Festungen
am Rhein vorwiegend der Kontrolle des strategisch wichtigen Wasserweges
und waren daher hart umkämpft. Viele Festungen wechselten während
des 80-jährigen Krieges mehrfach die Besitzer. Auch zur Zeit des 12-jährigen
Waffenstillstands (1609-1621) fanden infolge des jülich-klevischen
Erbfolgestreits von 1609 bis 1614 militärische Aktionen statt.
Das Festungssystem im Bereich des Oberquartiers wurde noch durch die
Fossa Eugeniana ergänzt. Diese von den
Spaniern von 1626 bis 1632 recht weit vorangetriebene Kanalverbindung
zwischen Rhein und Maas sollte die Handels- und Verkehrsströme um
das Gebiet der aufständischen Nordprovinzen herumlenken und damit
den Niederländern auch eine wichtige Einnahmequelle nehmen. Die Kanaltrasse
führte von der kurkölnischen Festung Rheinberg über spanisch-geldrisches
Gebiet bis Venlo und berührte auf halber Strecke die starke Festung
Geldern. Zusätzlich war die Fossa mit einer Kette von Schanzen sowie
der Doppelschanze bei Arcen abgesichert und sollte damit nicht nur
als Verkehrsweg außerhalb der niederländischen Reichweite dienen,
sondern zugleich als militärische Barriere gegen mögliche Angriffe
staatischer Truppen. Im Falle ihrer Fertigstellung hätte das Oberquartier
Geldern eine Schlüsselrolle in den spanisch-niederländischen Auseinandersetzungen
erlangt. Doch bereits während der Bauphase griffen die Niederländer
diese Verteidigungslinie immer wieder an. Als sie 1632/33 mit Venlo
und Rheinberg dann noch die Endpunkte der Fossa Eugeniana in ihre
Hand bekamen, gaben die Spanier das Projekt der Rhein-Maas-Verbindung
endgültig auf. Damit behielt die Schenkenschanz ihre volle Bedeutung.
Diese von den Niederländern 1585 in der Rheingabelung unterhalb von
Emme-rich errichtete Festung war das wichtigste Bollwerk am Niederrhein.
Sie galt (bis 1636) als uneinnehmbar und konnte infolge ihrer strategisch
günstigen Lage den Rheinverkehr in die Niederlande und damit zum Meer
sperren.
Quelle:
Hantsche Geldern-Atlas, Geldern 2003
Literatur:
J. BAALBERGEN, J.P.C.M. VAN HOOF, T. DE KRUUF u.a., Atlas van historische
vestingwerken in Nederland. Limburg, Utrecht 1998; PETER H. MEURKR,
Topographia Geldriae, Geldern 1979; ROLF-GÜNTER PISTOR und HENRI SMEETS,
Die Fossa Eugeniana, Köln 1979; HENRI SMEETS, Fossa Eugeniana, in:
Fossa Eugeniana, Kevelaer 1997, S. 16-33; GUIDO DK WERD (Red.), Schenkenschanz.
,de sleutel van den hollandschen tuin', Kleve 1986; JONATHAN I. ISRAEL,
The Dutch Republic and the Hispanic World, Oxford 1986; STEFAN FRANKEWITZ,
Entwicklung der Festung Geldern und Glossar zur Festungsgeschichte,
in: Stefan Frankewitz (Hg.), Preußen an Peel, Maas und Niers, Geldern
2003, S. 141-153.